1907 bis 1927

1907

Der Geburtstag des Jubiläumsvereins. Der erste Eintrag im Vereinsprotokollbuch lautet:

Am 1. Juni 1907 wurde durch Phil. Hof, Werkmeister, hierselbst eine öffentliche Versammlung einberufen bei Wirth Ebh. Ranft. Zweck: Gründung eines Turnvereins. Als provisorischer Vorstand bis zu 1908 wurde gewählt:

I. Vorsitzender Ph. Hof
II. Vorsitzender H. Bergen
Rechner K. Schwarz
Schriftführer K. Schwarz
Turnwart Lui Reinhard

Als Mitglieder unterzeichneten sich.“

Es folgen namentlich die 26 Mitglieder:

1. Ph. Hof
2. H. Bergen
3. K. Schwarz
4. M. Lotz
5. H. Wissner
6. H. Pfannmüller
7. H. Mank
8. Luis Reinhard
9. Chr. Lotz
10. Reinh. Lotz
11. L. Schmidt
12. L. Keil
13. H. Kehr
14. K. Reinhardt
15. E. Bergen
16. Lui Keil
17. H. Krieger
18. L. Schwarz
19. Joh. Keil
20. Chr. Käs
21. M. Paulus
22. K. Mank
23. Eh. Ranft
24. M. Rosegarten
25. Mar. Rosegarten
26. L. Wagner“

Der zum 1. Vorsitzenden gewählte Philipp Hof begleitet diesen Posten bis zum Jahre 1914 (Ausbruch des 1. Weltkriegs).

„Wirth Ranft“ ist heute die Gastwirtschaft „Zum alten Bahnhof“.

Der Turngedanke (verkörpert durch Turnvater Jahn mit seiner Aussage “frisch, fromm, fröhlich, frei“) und natürlich die Ausführung des Turnsportes selber sind die ureigensten Triebfedern der Vereinsgründung. Am Anfang sind die Finanzmittel knapp bzw. nicht vorhanden. Für die Anschaffung der Turngeräte sammelt der Verein innerhalb des Städtchens. 48,50 Mark kommen zusammen. Dieser Betrag reicht bei weitem nicht aus. So macht man gleich Schulden. Der Spar- und Vorschussverein Allendorf (Lumda) gibt einen Kredit von 1.000 Mark. Drei Allendorfer Personen bürgen für diesen Betrag. Von diesem Geld werden 1 Barren, 1 Stange für Stabhochsprung und Stemmgewichte gekauft. Die ersten Turnstunden hält man im Hof der Gastwirtschaft Ranft unter der Leitung des Vorturners Louis Reinhardt ab. An der turnerischen Weiterbildung beteiligt sich der nach Lollar verzogene Karl Hildesheim. Er kommt als Trainer extra nach Allendorf und unterstützt damit wesentlich die Turnerei. Im Herbst findet das erste Abturnen statt. Weiterhin wird eine Fußwanderung über den Frauenberg nach Marburg unternommen.

In Deutschland regiert Kaiser Wilhelm II. Reichskanzler ist Bernhard Fürst von Bülow. Christian Rein hat das Bürgermeisteramt in Allendorf (Lumda) inne.

1908

Der Verein tritt dem Lahn-Dünsberg-Turnerbund bei und beteiligt sich fortan an den verschiedenen Turnfesten innerhalb des Bundes.

1909

Juli. Beteiligung der Allendorfer Turner am Turnfest in Bieber. Als Beförderungsmittel dient ein geschmückter Leiterwagen. Teilnehmer sind der Riegenführer Louis Reinhardt, Reinh. Lotz, Ludwig Schwarz, Chr. Käs, Heinrich Bergen und Emil Bergen. Sie holen den 3. Preis und erhalten eine Urkunde.

1910

Teilnahme am 5. Turnfest des Lahn-Dünsberg-Turnerbundes in Odenhausen (Lahn). Am Barren nehmen Emil Bergen, Joh. und Heinrich Benner, Chr. Stoos, Heinrich Spöhrer, Wilhelm Keil und Heinrich Hillgärtner teil.

1911

Juli. Teilnahme am Pferdturnen beim 6. Gauturnfest in Atzbach. Die Turner sind der Riegenführer Heinrich Krieger, L. Stoos, Joh. Benner, W. Göttmann, Emil Bergen und Wilhelm Keil.

1912

Am 9. und 10. Juni wird das 1. Turnfest in Allendorf (Lumda) abgehalten. Die Veranstaltung geht in Form einer Turnfahrt aller teilnehmenden Vereine über die Bühne. Volkstümliche Übungen stehen im Vordergrund. Das Fest lohnt sich sogar finanziell. Ein Fass Bier wird getrunken und 250 Mark auf die Sparkasse gebracht.

Zu dieser Zeit zählt der Verein etwa 60 Mitglieder.

Anschluss Allendorfs an das Stromnetz.

1913

19. Januar. Der Verein organisiert ein Winterfest und führt dabei eine Verlosung durch. Der Eintrittspreis beträgt 1 Mark.

Auch führt der Verein in den kommenden Jahren zur Aufbesserung der Finanzen Tanzveranstaltungen und bestimmte Jahresfeste durch.

1914 bis 1918

Infolge des ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 ist auch der Turnverein Allendorf gezwungen, seine Tätigkeiten einzustellen. Eine ganze Anzahl von Vereinsmitgliedern kehren aus dem Krieg nicht mehr zurück.

1919

Die ersten Aufzeichnungen nach dem Krieg beginnen im Jahre 1919. Bei der erstmals im Januar einberufenen Mitgliederversammlung wird Philipp Hof sofort wieder zum 1. Vorsitzenden gewählt. Er gedenkt der im ersten Weltkrieg gefallenen Kameraden. Originalprotokolleintrag: „Dem Turnverein war es nicht vergönnt, alle seine Mitglieder wieder in der Heimat begrüßen zu dürfen. Es starben den Heldentod fürs Vaterland: Emil Bergen (einer der besten Turner), Heinrich Funck, Wilhelm Hofmann, Melchior Lotz, Heinrich Göbel (Winnen), Heinrich Krieb, Chr. Lotz, Sally Weinberg und Ludwig Noll. Die Versammlung ehrte die Toden durch Erheben von den Sitzen.“

Die Mitgliederzahl wächst auf über 80 Personen. Die Mitgliederbeiträge erhöhen sich von 15 auf 25 und von 20 auf 30 Pfennig monatlich. Die Beiträge werden auch monatlich kassiert.

1920

Es wird eine Schülerabteilung gebildet und ein Pfeifen- und Trommelkorps aufgestellt.

32 Preise holen die Allendorfer Turner bei den Turnfesten in Kinzenbach und Wißmar sowie beim Bergfest in Reiskirchen. Die Bildung einer Mädchengruppe wird abgelehnt.

1921

22. Januar. Generalversammlung. Neuer 1. Vorsitzender wird L. Schwarz und Philipp Hof Ehrenvorsitzender. Wilhelm Keil übernimmt das Amt des Turnwartes und Schwalb die Ausbildung der Schüler. 7 Turniersiege. 131 Vereinsmitglieder.

Fest steht, dass in Allendorf Faustball gespielt wird. Nun ist allerdings der Faustballsport nicht jedem geläufig. Hier in Kurzfassung die Spielregeln:

Ein deutsches Ballspiel bei dem 2 Mannschaften von je 5 Spielern sich auf einem Spielfeld von insgesamt 50 m Länge und 20 m Breite gegenüberstehen. Das Spielfeld ist geteilt und in der Mitte mit einer in 2 m Höhe angebrachten „Leine“ versehen. Die Spieler versuchen einen Hohlball nach bestimmten Regeln so über die Leine zu schlagen, dass ihn der Gegner nicht erreicht oder nur fehlerhaft zurückschlagen kann. Jeder Fehler wird als Gutpunkt für den Gegner gezählt. Spieldauer: 2 x 15 min.

Anmerkung: Der Faustballsport untersteht noch heute dem Deutschen Turnerbund (2006).

1922

Die Leitung des Vereins übernimmt Wilhelm Keil.

Vereinsprotokollvermerk vom 2. September: „Abturnen wurde für dieses Jahr abgelehnt, ein trauriges Zeichen für die Verfassung des Vereins.“

1923

Heinrich Faulstich steht nun an der Spitze. 13 Jahre lang leitet er den Verein. Wegen seines unermüdlichen Einsatzes erwirbt er sich große Verdienste.

Übrigens wird in unserem Städtchen von 1923 bis 1926 bereits Fußball gespielt. Der Faust- und Handballsport dominiert allerdings so stark, dass sich der Fußball nicht durchsetzt und dadurch ohne Bedeutung ist.

Inflationsjahr. Die deutsche Wirtschaft liegt danieder. Die Preise steigen ins Unermessliche. Das Geld (die Mark) wird wertlos. Die Jahresbilanz 1923 des TSV schließt in Einnahme und Ausgabe jeweils mit 159.536.112 Mark ab. Als Einnahmen kommen in diesem Jahr z. B. 68.633.090 Mark an Mitgliedsbeiträgen auf. Zwei Posten auf der Ausgabenseite belaufen sich bei Lichtgeld an Wirt Ranft auf 45.125 und eine Rechnung für eine Sprungmatte auf 1.361.500 Mark. Noch im gleichen Jahr folgt die Rentenmark. Im Jahr darauf die Reichsmark.

1924

Aus dem Jahr 1924 liegen keine Aufzeichnungen vor. Im Abrechnungsbuch sind lediglich im Februar und März insgesamt 128,59 Mark auf der Ausgabenseite gebucht. Auf der folgenden Seite dieses Abrechnungsbuches ist mit Bleistift Kassenbestand 23,94 -“ vermerkt.

1925

Lehrer Jakob Heil gründet eine Handballabteilung. Er führt sie bis 1936. Die ersten Handballspiele werden vorwiegend von den Spielern Friedrich Pfeifer, K. Vock, Heinrich Benner, Karl und Heinrich Käs, Wilhelm Wagner, Wilhelm Wallenfels, H. Faulstich, K. Krieb und den Lehrern Heil, Scherb und Hechler bestritten. Gespielt wird im Lahn-Dünsberg-Gau. Unter anderem sind Londorf, Großen-Buseck, Atzbach und Nieder-Girmes die Spielgegner. Besonders spannend geht es bei den Spielen gegen den Nachbarverein Londorf zu. Übrigens… auch der TSV Londorf begeht im Jahre 2007 seinen 100. Geburtstag.

In Allendorf (Lumda) besteht ein weiterer Sportverein… „die freie Turnerschaft“. Über diesen Verein ist sehr wenig bekannt. Im Protokollbuch zur Generalversammlung des Jubiläumsvereins am 12. Februar steht folgendes geschrieben:

„Anwesend waren ungefähr 65 Mitglieder. Es wurde darüber abgestimmt, ob wir mit der freien Turnerschaft verhandeln wollen oder nicht. Es wurde dann zur Abstimmung geschritten. Es stimmten 33 für nein, 16 mit ja. 2 Stimmen waren ungültig. Es wurde dann der Vorstand ermächtigt, an der Verhandlung teilzunehmen. Es stimmten 30 mit ja, 15 mit nein. 2 Stimmen waren ungültig. Heinrich Faulstich 1. Vorsitzender, Johannes Benner Schriftführer.“

Die näheren Umstände zu dieser Protokollnotiz sind nicht bekannt.

1926

Am 17. Januar findet die Generalversammlung statt. Gewählt werden zum 1. Vorsitzenden Heinrich Faulstich, zum 2. Vorsitzenden Heinrich Benner, zum Rechner Johannes Wißner und zum Schriftführer W. Balser. Die Herren Heil, Strack, Heinrich Schmidt und G. Krieb wählt man zu Beisitzern. In der Reihenfolge Gerätewart, 1. Turnwart und 2. Turnwart werden die Vereins-kameraden Heinrich Benner, W. Rein und K. Krieb gewählt.

Vorstandssitzungsprotokoll vom Mai: „Um die Turnstunden genau durchzuführen, müssen die Turnwarte unter allen Umständen anwesend sein. Schaaf führt die Zöglinge. Die Einteilung der Turnstunden ist folgende: Montag 8.00 Uhr Schüler, Dienstag 9 Uhr Damen, Mittwoch volkstümlich, Donnerstag Turner, Samstag 9.00 Turnen, Sonntag voletl. (?) und Freitag Faustball. 14 Tage vor dem Bundesfest werden die Übungen, welche auf dem Fest zum Austragen kommen, durch hiesige Kampfrichter gewährt“ (gewertet).

Die Aufnahmen von E. Zimmermann und Dr. Augst werden einstimmig angenommen.

„P.V. Samstag Abend nach der Turnstunde werden einige Lieder eingeübt.“ Unterschriften: „H. Faulstich, W. Balser Schriftf.“

1927

Die Handballmannschaft beteiligt sich erstmals an der Spielrunde im Lahn-Dünsberg-Gau.